Emmy Hennings | Ausstellung | 13. März bis 21. Juni 2020 | Cabaret Voltaire Zürich


Text der Veranstalter*innen:

 

Emmy Hennings (1885–1948) war mit Hugo Ball Mitbegründerin der Künstlerkneipe und wahrscheinlich die präsenteste Figur im Cabaret Voltaire. Dass sie als Schriftstellerin und Künstlerin wenig Beachtung bekam, mag verschiedene Gründe haben. Vielleicht wegen der eigenständigen Sprache, des Unbehagens im Umgang mit ihrem Katholizismus; zudem fehlt ihre Spur in der männlich geprägten Dada-Historisierung. Erst in jüngster Zeit bekommt Hennings Anerkennung und zwar über die Rolle des Kabarett-Sterns hinaus. Wer ihre Romane, Gedichte und Rezensionen liest, begegnet einer Frau, für die das Schreiben Überlebensstrategie war. Scharfsinnig analysiert sie die Existenz und inszeniert sich als “Vielfaches”. Die Ausstellung möchte ihr Oeuvre ernst nehmen und schliesst sich der Meinung an, dass Kontinuitäten im Gesamtwerk zu erkennen sind. So liegen Ekstase und Glaube nahe beieinander, Gefangenschaft und Freiheit ziehen sich durch ihr Schaffen.

Hennings Schriften und Malereien treten im Cabaret Voltaire in einen assoziativen Dialog mit den Arbeiten von Sitara Abuzar Ghaznawi (*1995). Die junge Künstlerin inszeniert die literarischen und künstlerischen Werke Hennings in Vitrinen, die zugleich als Skulpturen zu verstehen sind. Das Ausstellungsdisplay als Ort der Begegnung und Brennpunkt normierter Vorstellungen ist Teil ihrer künstlerischen Fragestellungen. Ghaznawi legt ihr Augenmerk auf Machstrukturen, Möglichkeiten der Teilhabe, Formen von Ästhetik, Handwerk und Wissen. Sie befragt ihre Umwelt aus einer Position zwischen Autonomie und Abhängigkeit, Privatsphäre und Öffentlichkeit, Kollektivität und Individualität. Charakteristisch an ihrer formalen Sprache ist das Selbstgemachte und die Verwendung alltäglicher, oft wertloser Materialien. Die Werke wirken fragil und poetisch, eine Eigenheit, die sie selbst nebst anderem mit Hennings teilt.

 

Die Ausstellung partizipiert am aufflackernden Interesse an Emmy Hennings Schaffen. Am 7. Februar 2020 eröffnete eine Ausstellung in Pirmasens. Des Weiteren läuft unter anderem an der Universität Basel das Forschungsprojekt “Aura und Effizienz in Emmy Hennings Werk”.

Emmy Hennings, 1885 in Flensburg/D geboren, 1948 in Soregno bei Lugano gestorben, war Schriftstellerin, Schauspielerin, Kabarettistin und Mitgründerin des Cabaret Voltaire sowie der Galerie Dada. Zu Lebzeiten wurden u.a. folgende Schriften publiziert: Die letzte Freude (1913), Gefängnis (1919), Das Brandmal. Ein Tagebuch, (1920), Helle Nacht (1922), Die Geburt Jesu (1932), Der Kranz (1939). Sie schrieb aber auch für Magazine sowie Zeitungen (u.a. Revoluzzer) und malte.

 

Sitara Abuzar Ghaznawi, 1995 in Ghazni/ Afghanistan geboren, lebt und arbeitet in Obwalden und Zürich. Sie erlangte 2019 ihren Bachelor an der Zürcher Hochschule der Künste und stellte unter anderem in folgenden Gruppenausstellungen aus: Galerie Maria Bernheim (Zürich, 2019), Fri Art, (Fribourg, 2019), Museum im Bellpark (Kriens, 2019), Édouard Montassut (Paris, 2019), Material Art Fair (New Mexico City, 2019). Einzelausstellung: Luma Westbau |schwarzescafé (Zürich, 2019).